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Welche Macht haben Sprachgewohnheiten?





Maxi Meißner, Dipl. Designerin, Berlin

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Welche Macht haben Sprachgewohnheiten?


Am Anfang steht ein Experiment:

Die beiden Wissenschaftlerinnen Dagmar Stahlberg und Sabine Sczesny haben unter 46 männlichen und 50 weiblichen Studierenden einen Fragebogen verteilt, der persönliche Vorlieben abfragte.

Das Interessante bei dem Experiment war, dass dieser Fragebogen in 3 Varianten ausgeteilt wurde. Die Variante 1 fragte beispielsweise nach dem liebsten Romanhelden (diese Form heißt generisches Maskulinum und wird oft als neutral bezeichnet). In Variante 2 wurde nach der „liebste heldenhafte Romanfigur“ gefragt, also die geschlechtsneutrale Formulierung gewählt. In der dritten Variante wurden beide Geschlechter genannt: Die Frage lautete entsprechend: Bitte nennen Sie Ihre liebste Romanheldin, ihren liebsten Romanhelden.

Was kam dabei heraus? Sowohl die weiblichen als auch die männlichen Befragten nannten mehr weibliche Romanhelden, wenn die neutrale Form oder beide Geschlechter in der Fragestellung auftauchten. 
Die Wissenschaftlerinnen kamen nach diesem Experiment zu dem Ergebnis, dass die Assoziation mit männlichen und weiblichen Personen von der jeweils verwendeten Sprachform beeinflusst wird, sprich die Sprache darüber entscheidet, ob wir auch Frauen in unser Denken miteinschließen.

Dass wir Frauen gedanklich sehr oft gar nicht miteinbeziehen, macht folgendes Beispiel deutlich. Was sehen Sie, wenn Sie folgende Textpassage lesen:
Bereits um 1840 schrieben Mathematiker die ersten Computerprogramme.
Frauen, die am Computer sitzen? Wahrscheinlich nicht. Aufgrund der männlichen Personenbezeichnung Mathematiker, die Frauen sprachlich nicht sichtbar macht, werden sie entsprechend vergessen. Besonders traurig ist dabei die Tatsache, dass Frauen einen wesentlichen Beitrag auf diesem Gebiet leisteten und dass um 1840 das allererste Computerprogramm von der Mathematikerin Lady Ada Lovelace geschrieben wurde. Beispiele wie diese gibt es viele. Wenn bei den Majas nur von Priestern geredet wird, fällt es schwer, sich auch Priesterinnen vorzustellen, wenn von Bauern gesprochen wird, denkt kaum eine Person auch an Bäuerinnen und im Gestaltungsbereich ist es ähnlich. Wenn immer nur nach Designern gefragt wird, wundert es kaum, dass dabei nicht auch an Designerinnen gedacht wird.

Diese Beispiele sollen deutlich machen, wie wichtig der Umgang mit Sprache ist – auch für Designerinnen und Designer. Denn durch die Wahl unserer Worte schaffen wir Bilder. Und Bilder schaffen Realität. Und wenn wir wollen, eine Realität, in der Worte sowohl für Frauen als auch für Männer gefunden werden.

Quellen:
frauensprache.com/geringer_einbezug.htm
de.wikipedia.org/wiki/Ada_Lovelace